Wildblümerey im Regentest

Die Holzhäcksel auf den Laufwegen sind in nur sechs Monaten von Beikraut durchwurzelt und können nun als ganze Matte »aufgerollt« werden.

So schnell, wie er gekommen ist, war er auch schon wieder verschwunden: der Sommer, der Ende Juni mit Temperaturen um die 30 Grad Einzug gehalten hatte. Aktuell haben wir gefühlt September, mit viel Wolken und Regen, herbstlichen Stürmen und kühlen Nächten. Die Leser*innen mögen es mir verzeihen, aber das erste Thema in der Wildblümerey ist und bleibt damit: Schnecken und Beikraut.

Dauerthema Beikraut und Schnecken

Dieser Tage habe ich mir ernsthaft überlegt, ob ich nicht mein Konzept noch einmal verändern muss. Gegen Nacktschnecken, Gräser und Acker-Beikräuter anzukommen, ist nahezu aussichtlos. Das regenreiche Jahr lässt all diese Lästlinge über die Maßen gedeihen. Ein »geputztes« Beet ist nach drei Wochen schon wieder bewuchert, meistens komme ich nur bis zur Hälfte der Fläche und kann dann wieder von vorn anfangen.

Was Dauerregen so fatal macht, ist, dass die Flächen-Kompostierung nicht mehr funktioniert. Lässt man beim Jäten die Beikräuter einfach vor Ort liegen, um den Boden zu bedecken, wachsen sie im Nu wieder an. Aber auch die Komposthaufen werden grüne Inseln, die Wurzelunkräuter wuchern einfach innerhalb des Haufens weiter.

Ich verstehe nun die Staudengärtnereien, die ihre Betriebsfläche komplett mit Bändchengewebe belegen, dicke Kieswege aufschütten und gekaufte Erde in den Schaubeeten ausbringen. Wie jedes Unternehmen will auch eine Gärtnerei unnötige Arbeiten vermeiden, die den eigentlichen Betriebszweck behindern. Ansonsten gibt es rote Zahlen, weil der personelle Aufwand in keinem Verhältnis zum Ertrag steht.

Andererseits: Wenn gerade Gärtnereien nur mit Tonnen von Plastik rentabel sind, dann stimmt etwas nicht mit der »grünen« Branche. Eigentlich müssten sie Vorbild sein für ihre Kund*innen, denn auch diese arbeiten im Hausgarten schon längst mit Unmengen von Unkraut-Vlies, Plasiktöpfen und Plastiksäcken, in denen die Erde transportiert wird. Aber der Fehler liegt wohl im System: Ähnlich wie beim Thema Bio/ Konventionell müssten entweder Nachhaltigkeit oder Umweltschäden eingepreist werden, doch dann würde eine Staude im 9er-Topf wohl zehn Euro kosten.

Schneckensichere Stauden 2023

Bis es soweit ist, übe ich mich in Gelassenheits-Meditation und nenne die Lästlinge Wildkraut. Unbenommen ihrer Lästigkeit sind manche sehr attraktiv und wichtig für Insekten, ob sie nun Löwenzahn, Habichtskraut, Braunelle oder Distel heißen. Dazwischen schafft es dann auch die eine oder andere Staude ans Tageslicht, und das ist jedesmal wie ein kleines Fest.

Am deutlichsten hat sich dieses Jahr der Schein-Sonnenhut (Echinacea purpurea) durchgesetzt. Sein Beet ist übersät von kleinen Keimlingen, die für Schnecken – erstaunlicherweise – nicht attraktiv zu sein scheinen. Auch der Eibisch hat viele kleine Jungpflanzen produziert, die von den Schleimern nicht angerührt werden. Dasselbe erhoffe ich mir 2024 von der Bergminze sowie von verschiedenen Ziesten und Ehrenpreisen, die ich im Regal gezogen und kürzlich gepflanzt habe.

Unbehelligt blieben bisher außerdem: der Große Wiesenknopf, die Kuckucks-Lichtnelke, die Nesselblättrige Glockenblume, die Hellgelbe Skabiose, der Griechische Bergtee, das Lungenkraut, der Berg-Lauch, die Katzenminze, die Küchenschelle, Heiligenkraut und Olivenkraut, die Zistrose... Im nicht gepflegten Blühstreifen überlebten sogar Moschusmalve und Hornklee die Schnecken-Invasion.

Dagegen wurde dieses Jahr erstmals der Austrieb der Witwenblumen gequält sowie Färber-Kamille und Rainfarn komplett abgeraspelt. Thymian, Oregano und Bohnenkraut werden ebenfalls nicht verschmäht, am schlimmsten erwischt es aber immer den Ysop. Dauerkandidaten sind leider auch Staudenlein, Bergflockenblume, Taubenkropf-Leimkraut, Wiesen-Flockenblume, Wiesen-Salbei, Hain-Salbei und fast alle Glockenblumen.

Die Schaubeete haben es schwer

Das Ergebnis ist, dass Beete, die ich schon längst bepflanzt geglaubt hatte, plötzlich kahle Stellen bekommen, die sofort von Gräsern und Beikräutern besiedelt werden. Andere Lästlinge warten erst gar nicht und wuchern direkt aus den Stauden heraus oder in sie hinein. Der Gundermann ist so ein Kandidat, der mir gerade das Leben schwer macht. Seinetwegen muss ich etablierte Pflanzen ausgraben und in der Sonne vertrocknen lassen, weil das Wurzelgewirr zu groß ist. Ähnlich ist es mit Ackerwinde und Quecke.

Ein weiterer, recht anstrengender Arbeitseinsatz war ebenfalls umsonst: Das Kaschieren des Bändchengewebes auf den Laufwegen mit Holzhäcksel. Der dauernde Regen hat auch hier gute Keimbedingungen geschaffen, sodass sich zahlreiche Beikräuter und Gräser in dem sich zersetzenden Holz angesiedelt haben. Beete und Wege sind ohne optische Grenze immer mehr ineinander übergegangen. Zum Teil lässt sich der durchwurzelte Belag zwar komplett abrollen, aber nun ist wieder die hässliche, schwarze Folie zu sehen. Damit ist das Ziel für 2023 in weite Ferne gerückt: Die Hälfte der Fläche in »gepflegte« Schaubeete umgewandelt und auf allen Wegen einen Belag ausgebracht zu haben.

Freude über die Jungpflanzen

Trotz Frutz in den Beeten: Freude bereiten mir die Anzuchten, die mittlerweile zufriedenstellend verlaufen. Untersetzer und Schattierung haben im Juni den Durchbruch gebracht. Die kleinen Pflänzchen bekamen dadurch mehr Wasser und weniger Hitzestress. So gibt es jetzt viele neue Arten wie etwa Bergminze, Anis-Ysop, Kuckucks-Lichtnelke, Fenchel, Ehrenpreis, Weinraute, Katzenminze, Jakobsleiter, Sandglöckchen, Katzenpfötchen, Herzgespann, Blut-Weiderich, Hain-Salbei, Gelbe Skabiose, Zistrose...

Sie alle wandern nun in die Beete, wenn sie kräftig genug sind. Dort werden sie als Mutterpflanzen dienen, um Saatgut und Stecklinge zu gewinnen. Nur die Lieblingsspeisen der Schnecken müssen leider weiterhin in Töpfen bleiben.

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