Nach der Saison...

Braune kugelige Samenstände von Staudenlein mit Raureif in der Abendsonne.
Staudenlein on the rocks – Dauerfrost im Dezember

... ist vor der Saison. Dieser Gedanke kam mir gestern, als ich daran dachte, dass die Tage ja schon wieder länger werden. Das ging schnell. Vielleicht liegt es daran, dass die lange Frostphase uns einen wunderbar blauen Himmel beschert hat, der die dunkle Jahreszeit fast vergessen ließ.

Natürlich gibt es im Garten keine »Saison«. Das ist eher eine menschliche Erfindung, geboren aus wirtschaftlichen Interessen. Die Natur denkt nicht in 0-1 oder in Aus-An, sondern in Kreisläufen: Schon im Spätsommer haben Pflanzen und Tiere begonnen, sich langsam auf den Winter und das nächste Jahr vorzubereiten. Haben Nachkommen gezeugt, Blätter abgeworfen, sich ein Winterquartier gesucht.

Im Boden weichen nun die Samen für die neuen Pflanzen auf, Frost kriecht in die Beete und sprengt dicke Erdschollen in fluffige Krümel. Unter Laub und Reisig verharren die Larven der Käfer, in Büschen und Bäumen warten die Puppen der Schmetterlinge auf steigende Temperaturen. Um uns herum schnarchen Abertausende von Tieren im Winterschlaf, aber wir hören und sehen sie nicht.

Kühlkeimer aussäen und Beikraut bedecken

Die Gärtnerin sät spätestens jetzt die Kühlkeimer aus, also die Pflanzen, deren Samen eine kalte Phase brauchen, um ihre Keimhemmung abzubauen. Das wird dieses Jahr in Topfplatten in Regalen geschehen, möglichst schnecken- und mäusefern, so der Plan. Auf Ebay-Kleinanzeigen habe ich dafür gebrauchte Platten gefunden. Nicht so robust wie die Quickpots, aber bei weitem auch nicht so teuer.

Außerdem ist der Winter für Umbauten aller Art gut. Dieses Jahr will ich ich weitere Fläche am Rand mit Bändchengewebe belegen und mit Holzhäcksel bedecken. Einmal mehr geht es um die Eindämmung von Beikraut: Es wuchert überall zwischen den gelagerten Materialien und ist dort nicht gut zu mähen. Vor allem die Quecke macht mir das Leben schwer und sticht sogar durch das Bändchengewebe, auch die Brennesseln haben sich innerhalb eines Jahres verdreifacht.

Beide Arten drängen mit Macht von außen in Richtung der Beete. Es ist wie immer ein Balance-Akt zwischen Eingreifen und Lassen. Weniger Brennesseln = weniger Schmetterlinge, doch wo könnte ich sie »sicher« wachsen lassen? Wahrscheinlich hilft nur eine Rhizomsperre, doch ich habe auch Wurzeln in mehr als 50 Zentimetern Tiefe gefunden.

Trockener Sommer für Beet- und Jungpflanzen

Wie ist das Jahr ansonsten seit Juni verlaufen? – Nun, mit der Trockenheit hatten 2022 ja alle Gärtner*innen zu kämpfen. Meine Stauden in den Beeten haben wacker durchgehalten, sie haben einfach das Wachstum eingestellt oder später geblüht. Nach jedem Regen ging es wieder ein Stückchen weiter, und durch den warmen Herbst verlängerte sich die Blühphase dann bis in den November hinein. Auch die Insekten waren sehr lange unterwegs, bis der plötzliche Frost ihnen Einhalt gebot.

Was zum Problem wurde, waren die Jungpflanzen. Ja, es sind dann doch noch einige Saaten aufgelaufen, die ich aus Angst vor den Schnecken zu lange in ihren Töpfen belassen habe. Sie mussten bei der Hitze ständig gegossen werden; das schwarze Plastik hat die Sache nicht besser gemacht. Da ich gleichzeitig gekaufte Erde getestet habe – wegen der Sterilität und der Strukturstabilität – musste ich noch mehr gießen, denn hier läuft das Wasser wegen des hohen Holzfaseranteils fast durch. 2023 werde ich deshalb mit Bentonit (als Wasserspeicher), hellen Töpfen und Anstau-Schalen experimentieren.

Die Schnecken sind weniger geworden

Die Schneckenplage, die ich noch im Juni beklagt hatte, ist von Woche zu Woche zurückgegangen. Aber nicht wegen des Schneckenkorns. Das habe ich sehr bald ausgemustert, nachdem ich festgestellt hatte, dass auch andere Tiere sich daran gütlich tun, z. B. Mäuse und Vögel. Zwei Wanderratten hatte ich sogar dabei beobachtet, wie sie genüsslich die Körnchen mampften. Ähnliches las ich auch auf Instagram bei anderen Gärtner*innen.

Nein, bei den Schnecken scheint die Schere geholfen zu haben. Über mehrere Wochen habe ich abends immer wieder Tiere zerteilt, bis es irgendwann weniger wurden. Die Reste waren am nächsten Morgen säuberlichst weggeputzt, ich tippe auf Amseln und Laufkäfer. Keine schöne Tötungsart, und ich musste mich auch erst überwinden. Aber wahrscheinlich weniger leidvoll als Schneckenkorn. Ich bin sehr gespannt, wie der Befall im Frühjahr sein wird.

Gute Samenernte im trockenen 2022

Weniger anstrengend als letztes Jahr und sehr ergiebig war 2022 die Samenernte. Weil es so lange so trocken war, konnte ich in aller Ruhe gut ausgereifte Samenstände ernten, die nicht zu schimmeln drohten. Allerdings fehlt mir nach wie vor der Lagerplatz für all die Säcke, Taschen, Eimer und Boxen. Viele Arten habe ich nur grob vorgesiebt und die Reste in unseren Blühstreifen geworfen bzw. auf einer Fläche im Bielefelder Westen ausgebracht, die ich ehrenamtlich betreue.

Das gewonnene Saatgut harrt nun immer noch der Reinigung und anschließenden Präsentation im Online-Shop – eine typische Winterarbeit. Aber irgendwann muss auch mal Pause sein, denn wie gesagt: Nach der Saison ist vor der Saison, die Tage werden schon wieder länger...


P. S. Ein Buch aus der Praxis von einem Wissenschaftler, nämlich dem Schneckenforscher Michael Schrödl, sei hier empfohlen: "Schneckenplage muss nicht sein. So vermeiden und bekämpfen Sie rotbraune Nacktschnecken".

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