Herbst ist Pflanzzeit – Einsteigertipps
Anfang September, und der Hochsommer kehrt mit Temperaturen um die 30 Grad zurück. In der Wildblümerey ist eine Art zweiter Frühling ausgebrochen: Überall sprießen die Knospen, die Pflanzen machen sich zu einer neuen Blüte bereit. Auch mehr Wildbienen sind wieder zu sehen, und die Grillen-Männchen zirpen ganztags um die Wette. Nur die Schmetterlinge machen sich rar, sie fehlen schon das ganze Jahr. Es fehlen allerdings auch Nahrungs- und Brutpflanzen, seit die benachbarte Solawi das Gelände verlassen hat.
Wüste oder Regenwald?
Was für eine Berg- und Talfahrt, dieses Wetter 2023! Gerade noch hatte ich keine Behältnisse mehr, um all das Regenwasser zu sammeln. Trockenheitsliebende Pflanzen litten in ihren Töpfen unter dem dauernden Nass. Nun sind schon wieder alle Wannen und Eimer geleert und ich muss die Töpfe mit Leitungswasser gießen. Großblättrige oder schnellwüchsige Stauden machen da schon mal schlapp oder bekommen einen Sonnenbrand.
War es vorher wochenlang zu feucht, um erfolgreich zu jäten, ist es nun schon wieder zu heiß, um ohne Beschattung auf der Fläche zu arbeiten. Während sonst der Wind über die Anhöhe fegt, weht dieser Tage höchstens mal ein heißes Lüftchen, denn: Drumherum stehen Mais und Silphie über zwei Meter hoch, an der vierten Seite liegt eine Mauer, die ihre Wärme bis zu fünf Meter weit in die Fläche abstrahlt. Im Moment könnte ich also besser Wüstenpflanzen ziehen, die letzten Monate waren dagegen eher Kalt-Regenwald.
Heimische Pflanzen im Klimawandel
Einmal mehr bewundere ich unsere heimischen Stauden, die das Auf und Ab der Temperaturen und der Wetterphänomene recht intelligent meistern. Ist es zu heiß und trocken, hören sie kurzfristig auf zu wachsen. Ist es zu nass, wird eben nicht geblüht. Selbst wenn das Blattwerk oberirdisch verfault, muss das nicht heißen, dass aus der Wurzel nicht wieder ausgetrieben wird. Es lohnt sich also durchaus, schwächelnden Pflanzen etwas Zeit zu geben oder sie z. B. mit Schachtelhalmbrühe zu kräftigen.
Wie aber findet man überhaupt Pflanzen, die so tolerant sind, dass sie den Wetterkapriolen der nächsten Jahre gewachsen sein könnten, z. B. wenn man einen Garten neu anlegen möchte?
- Eine erste Orientierung für die Bedürfnisse der Stauden kann das Konzept der Lebensbereiche nach Hansen und Stahl geben, das hier von der Gesellschaft der Staudenfreunde erklärt wird.
- Ebenfalls sehr hilfreich sind die Zeigerwerte nach Ellenberg, die der Insektenschützer Manfred Kraft in seinem Handout sehr verständlich erklärt (PDF zum Download).
- Schließlich gibt es noch das Modell der »Pflanzenstrategien« nach Grime, für das Gartenplaner Torsten Matschiess und Staudengärtner Till Hofmann eine Lanze brechen. Es beantwortet vor allem Fragen danach, warum die eine Pflanze plötzlich aus dem Beet verschwindet, während eine andere den ganzen Garten erobert.
Viele AutorInnen haben außerdem reagiert und Gartenbücher für den Klimawandel geschrieben. Es gibt Pflanzen-Porträts und -Kombinationen, Pflanzpläne und Mulchtipps. Stellvertretend seien hier Katrin Lugerbauer, Norbert Griebl und Elke Schwarzer genannt. Wer heimische Pflanzen bevorzugt, muss zum Teil auswählen oder mit einem weiteren Buch kombinieren.
Stauden und Pflanzideen
Meine persönliche Favoritin, wenn es schnell gehen soll, ist die Website galasearch.de, eine Pflanzen-Datenbank von und für Garten- und Landschaftsplaner*innen. Hilfreich und spannend ist hier, dass der Natur-Standort und zugehörige Pflanzengemeinschaften erwähnt werden. Mit dem Schwerpunkt auf Insektenfreundlichkeit punktet dagegen NaturaDB, entstanden aus einer privaten Initiative von Fachleuten. Hier kann man sogar heimische Pflanzen nach Region, Lichtverhältnissen oder Bodenbeschaffenheit suchen.
Aber auch die Online-Auftritte von Staudengärtnereien und Saatgut-Versendern lassen sich nach Lebensbereichen durchsuchen, so etwa die heimischen »Themenwelten« der Gärtnerei Gaißmayer oder die Detail-Suche der Wildpflanzengärtnerei Strickler. Einen hilfreichen und farbenfrohen Einstieg in die Beetgestaltung bietet die interaktive Karte des Naturgarten e. V. nach Lebensräumen. Ebenso praktisch sind die sechs unterschiedlichen Pflanzen-»Teams« im Projekt »Tausende Gärten – Tausende Arten«. Die Wildblümerey hat sich TGTA angeschlossen und bietet zahlreiche der erwähnten Stauden an.
Ein wahrer Schatz sind die Naturgarten-Hefte »Natur & Garten«, aber auch die Bücher, die direkt beim Verein bestellt werden können. Die österreichische Initiative »Natur im Garten« ist ebenfalls eine hervorragende Quelle zum Einlesen, z. B. mit der Staudenbroschüre für Profis. Zum Thema Heimische Wildstauden und Bepflanzungsideen sind vor allem der Ulmer-Verlag und der Haupt-Verlag erwähnenswert.
Frühblüher und Kühlkeimer jetzt ausbringen
Ein wichtiger Aspekt bei der Auswahl von Pflanzen ist, ob die neuen Gartenbewohner Kühlkeimer sind. In Saatgut-Mischungen wird das meist nicht erwähnt, und oft sind Käufer*innen dann enttäuscht, wenn die ersehnten Blümchen im Sommer nicht auftauchen. Hier lohnt sich die Recherche bei den Saatgut-Anbietern, um dann besser im Herbst auszusäen. Genauso wichtig ist, ob die Pflanze Licht- oder Dunkelkeimerin ist, denn im ersten Fall muss das Saatgut nur angedrückt werden, im zweiten braucht es etwas Erde darüber.
Bei gekauften Stauden ist wiederum hilfreich zu wissen, ob sie wintergrün sind oder nicht. Wie oft schon wurden Pflanzen entsorgt, deren Blätter braun wurden, dabei haben sie ihre Kräfte einfach nur in die Überwinterungsorgane verlagert (siehe NABU-Artikel zu Geophyten und Hemikryptophyten). Im Herbst eine abgeblühte Wildstaude zu kaufen, ist also durchaus vernünftig, entscheidend ist ein gesunder Wurzelballen. Im warmen, feuchten Boden kann sie noch gut einwurzeln und sich akklimatisieren, um im Frühjahr dann gleich durchzustarten.
Frühblühende Zwiebelpflanzen beginnen diesen Kreislauf sogar schon im Frühsommer. Von Blausternchen und Wildtulpen ist im Juni nichts mehr zu sehen, sie verschwinden in den nachwachsenden Stauden. Über ihre verwelkenden Blätter speichern sie Energie für den Winter in den Zwiebeln, weshalb diese Blätter nicht abgeschnitten werden sollten. In der Wildblümerey werden auch die Samenstände, z. B. beim Zierlauch, nicht gekappt – die Pflanzen sollen selbst entscheiden, ob sie sich aussamen oder ihre Zwiebel stärken wollen oder beides.
Erstmals will ich dieses Jahr einige Zwiebelpflanzen in Töpfen heranziehen, da ich sie für eine schöne Ergänzung in normalen Stauden-, aber auch in Trockenbeeten halte. Darunter sind Allium sphaerocephalon (Kugel-Lauch), Allium flavum (Gelber Lauch) und Allium caeruleum (Blau-Lauch). Ich bin gespannt, ob es funktioniert, denn mit Zwiebelpflanzen habe ich keinerlei Erfahrungen. Wegen der Wühlmäuse, die mir dieser Tage gleich fünf Lieblings-Pflanzen zerbissen haben, soll die Anzucht nicht im Beet erfolgen.
Bis November ist noch Zeit, um Zwiebeln zu setzen. Kühlkeimer können etwa bis Februar ausgesät werden, wenn sie 2024 keimen sollen. Bio-Blumenzwiebeln sind mittlerweile bei verschiedenen Anbietern aus Deutschland erhältlich.