Die Tiere sind zurück

Fast hätte ich ihn übersehen, den kleinen Feldhasen, der seit heute unter einem der Aussaat-Tische sitzt. Er ist noch so winzig und so gut getarnt, dass er sich perfekt an den Bodenbelag aus Holzhäcksel angepasst hat. Die spätere, sehnige Körperform lässt sich bei diesem knuffigen Jungtier noch nicht erahnen, und auch die typisch markante Nase ist doch noch sehr platt.
Wie hat es die Mutter nur auf das umzäunte Gelände geschafft? Vorgestern war sie mir schon aufgefallen, da sprintete sie plötzlich aus den Rosen heraus ganz nach hinten zu den Gemüsebeeten und – war dann einfach verschwunden. Heute habe ich ihr eine kleine Lücke im Zaun offen gelassen, damit sie nachts ihr Kleines säugen kann, aber ganz wohl ist mir nicht dabei. Schließlich kommen so auch Fuchs und Marder und Waschbär leichter aufs Gelände.
Dennoch sind die Chancen vielleicht höher, dass der kleine Hase überlebt. Auf dem offenen Acker hätte er nur eine Sasse, und dort sind immer irgendwelche Tiere unterwegs. Vor allem die Krähen ziehen dort ihre Runden und beobachten jede Veränderung. Letztes Jahr hatten sie auf diese Weise einen Junghasen entdeckt und zu zweit attackiert. Von ferne sah ich, wie die großen Vögel aufgeregt am Boden herumhüpften und immer wieder aufflatterten. Doch bevor ich losrennen konnte, hatte schon die Hofkatze das Spektakel mitbekommen und sich den kleinen Hasen geschnappt.
Es war herzzerreißend mitanzusehen, wie die Hasen-Mutter stundenlang die Stelle absuchte, an der ihr Kleines vor kurzem noch gesessen hatte. Auch Tage danach kam sie immer wieder zu der Stelle zurück. Die Szene hat mich stark an das traurige Ende von Jan Hafts Dokumentarfilm »Die Wiese« erinnert. Da muss ein Jungtier sterben, weil der Bauer mäht, ohne vorher das Feld absuchen zu lassen.
Auch hier wird wohl demnächst der Acker bestellt, und wenn die jungen Hasen dann noch nicht selbständig sind, könnte das ihren Tod bedeuten. Wieder bin ich hin- und hergerissen, ob ich die Gärtnerei prinzipiell für die Hasen öffnen soll. Aber ich weiß ja, was dann mit den Wildstauden passiert, denn die gehören zu ihren Lieblingsspeisen. Als Kompromiss soll deshalb der neue Blühstreifen vor dem Zaun dienen, der 2025 hoffentlich funktionieren wird – wenn die Schneckenplage denn tatsächlich nachgelassen hat.
Während von den Schleimern im Moment noch nichts zu sehen ist – wahrscheinlich wegen der Trockenheit – melden andere Tiere sich nach und nach zurück: Von den Stieglitzen habe ich schon den typischen Fluggesang gehört, und auch den Rotschwanz habe ich heute zum ersten Mal wieder bei der Jagd gesehen. Er ist ein Zugvogel, ebenso wie die Bachstelze und die Schwalbe, die aber noch nicht eingetroffen sind.
Unter den Blumentöpfen habe ich zudem mehrere Kinderstuben von Spinnen entdeckt, erwachsene Krabben-Spinnen waren auch schon unterwegs. Immer wieder liegen außerdem Raupen auf den Wegen, sie scheinen zum Zimtbären zu gehören (siehe Bestimmungshilfe auf schmetterling-raupe.de). Einmal erspäht, aber leider ohne Kamera: die große Plattbauch-Libellenlarve (oder ist es ein Vierfleck?) im Miniteich. Offenbar hat sie das dicke Eis gut überstanden.
Nicht persönlich angetroffen, aber mit ihren Hinterlassenschaften stundenlang beschäftigt: Maulwurf und Wühlmaus. Habe ich es vergessen oder ist es jedes Frühjahr ein solches Gewühle, dass ich meine Wege und Stellflächen eigentlich schon wieder neu anlegen könnte? Es graust mich vor dem nächsten Regen, denn dann werden die zahlreichen Gänge und Untertunnelungen wahrscheinlich einbrechen und lange Furchen hinterlassen.
Update 14.03.: Der kleine Feldhase ist schon am nächsten Tag verschwunden. Als ich nachmittags in der Gärtnerei eintreffe, vertilgen die Krähen gerade die Reste. Minimale Spuren von Blut und Fell weisen auf das Massaker hin.