2023 – Nasser und kalter Start

Die Keimlinge dieser roten Echinacea-Sorte überraschen mich, denn im Beet ist seit Jahren keine Jungpflanze aufgetaucht. Ich bin gespannt, ob hier die Sorte heranwächst oder ob sie auf die Art zurückfällt.

Seit zwei Tagen steigen die Temperaturen und kommen so langsam an die 20 Grad-Grenze. Auch wenn das für diese Region eigentlich normal ist, sind wir aus den letzten Jahren doch anderes gewohnt, wo es oft schon ab März sonnig und trocken war. 2023 führen die Kühle und der meist bedeckte Himmel offenbar dazu, dass die Natur insgesamt etwas später dran ist. Gärtnereien und Privatleute, mit denen ich mich auf Instagram austausche, bestätigen diese Verzögerung.

So sind erst seit vorgestern die Schwalben auf dem Engelingshof zurück, letztes Jahr war das schon im April der Fall. Viele Pflanzen fangen etwa zwei Wochen später an zu blühen als 2022, so die Witwenblumen oder der Wiesen-Salbei, die Anemonen und die Berg-Flockenblume. Und die Schmetterlinge sind sowieso mal da, mal weg, je nach Temperatur-Schwankung.

Viele Faktoren bei der Anzucht

Für die Aussaaten bedeutet das, dass die kleinen Keimlinge in den Topfplatten noch sehr zurückhaltend sind. Womöglich habe ich aber auch selbst zum langsamen Wachstum beigetragen, indem ich das Aussaat-Substrat zu nährstoffarm angesetzt habe. Dafür spräche, dass einige Pflanzen gekeimt, aber dann nicht weitergewachsen sind. Stattdessen wurden die Blätter heller (Stickstoff-Mangel) und zum Teil rötlich (Phosphor-Mangel). Vielleicht war es aber auch ein Zusammenspiel aus Substrat, Kühle, meist bedecktem Himmel und kalkreichem Gießwasser. Wenn der pH-Wert im Wasser steigt, können viele Nährstoffe nicht mehr von der Pflanze verwertet werden.

Im Moment versuche ich deshalb, sanft zu düngen und/ oder vor der Zeit in normale Pflanzerde zu topfen, damit die kleinen Keimlinge sich noch berappeln können. Das wiederum führt dazu, dass ich nach der Arbeit oft voller Sorge nach Theesen fahre: Knallt plötzlich an einem Tag die Sonne am blauen Himmel, droht den Kleinen ein Sonnenbrand. Ist es wieder mal sehr windig, droht Austrocknung. Ist ein Gewitter angesagt, droht ein Hagelschaden oder die Ausschwemmung der kleinen Töpfe.

Schnecken lieben Keimlinge

Trotzdem ist die gezielte Anzucht in den Beeten keine Option mehr. Gerade in diesem feuchten Jahr, wo das Beikraut fröhlich wuchert, habe ich bei jedem Jäten unfreiwllig mehrere Nacktschnecken am Handschuh. Sie hätten die Keimlinge schon längst weggefressen, ganz abgesehen davon, dass ich diese zwischen Löwenzahn und diversen Wuchergräsern sowieso nicht finden würde.

Dass die Schnecken die Aussaaten vernichten – sogar in Töpfen, wenn sie nicht hoch genug stehen – ist sehr wahrscheinlich. So sehe ich dieses Jahr mit Erstaunen, dass eine rotblühende Echinacea-Sorte in der Topfplatte keimt, die sich in all den Jahren, seit ich sie besitze, noch nie vermehrt hat. Sie wird auch als erwachsene Pflanze gerne von den Schnecken malträtiert, während die Art – Echinacea purpurea – nicht angerührt wird. Leider fallen Sorten ja nicht unbedingt echt, sodass es spannend wird, welche Blütenfarbe die Pflanzen nachher haben werden.

Wildstauden-Saison bis Oktober

Das späte Wachstum der im Freiland gezogenen Pflanzen wird künftig natürlich ein großer Nachteil beim Verkauf sein. Kund*innen sind es seit vielen Jahren gewohnt, schon ab April ihre Lieblingspflanzen im Gartencenter zu finden. Aktuell stehen z. B. große, dichte Kräuterbüsche wie Rosmarin oder Salbei in den Baumärkten. Das ist ziemlich surreal, aber doch normal geworden – wie es ja auch fast den ganzen Winter über Tomaten zu kaufen gibt.

Für eine Wildstauden-Gärtnerei kann das aber auch zum Vorteil werden, denn die Saison ist nicht im Juni plötzlich vorüber. Wer im Sommer umzieht oder einen neuen Garten bestellt, kann dort immer noch Pflanzen finden. Und selbst im Herbst – der besten Pflanzzeit überhaupt – gibt es noch eine große Auswahl an Stauden. Kauft man sie im abgeblühten Zustand, hat man sogar noch das Saatgut kostenlos dazu.

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